Energiepolitik ist kein Spielplatz

Energiepolitik ist kein Spielplatz
Am 1. Juni 2011 schrieb Friedrich Merz einen Gastartikel in der Zeit (Nr. 23) über die aktuelle Energiepolitik. In dem er zwar nicht Stellung bezieht, aber den Ausstieg vom Ausstieg aus dem Atom-Ausstieg (also dem Befürworten des Ausstiegs durch CDU und FDP) als unvernünftig darstellt.
http://www.zeit.de/2011/23/Energiewende
Er klingt dabei sehr vernünftig, aber sind das wirklich überzeugende Argumente gegen die Energiewende?
Schon das erste Argument gegen den Ausstieg ist bei genauer Betrachtung ein Argument dafür: „Wer den raschen Ausstieg fordert, muss erklären, wie unsere Energieversorgung in Zukunft aussehen soll“ fordert Merz. Dabei sind die ungeklärten Fragen der Kernenergie weitaus gravierender. Wer die Nutzung der Kernenergie fordert, muss erklären, wie eine sichere Endlagerung für die nächsten 100.000 Jahre aussehen soll, wie Kernkraftwerke vor Naturkatastrophen, Angriffen und menschlichem Versagen gesichert werden können. Wenn also immer erst geklärt werden muss, wie die Konsequenzen zu tragen sind, müssen wir schnellstens alle Atomkraftwerke abschalten oder dürfen wir bis zur gefundenen Lösung den Atommüll bei Herrn Merz im Garten lagern?
Nach diversen technischen Problemen des Auststiegs kommt Merz zum „Preis“ der Energiewende, den es zu benennen gelte, ohne ihn selbst zu benennen. Während er sonst einen sachlichen Sprachstiel verwendet, den er gerne mit Zahlen konkretisiert, wird es nun schwammig und polemisch. Durch höhere Energiekosten würde die Industrie abwandern und die kleinen Leute könnten ihren Strom nicht mehr bezahlen.
Dabei liefert Merz das Gegenargument gleich mit, denn wie er selbst analysiert hat Deutschland bereits jetzt die höchsten Energiekosten in Europa (von anderen Kontinenten gar nicht zu sprechen) und trotzdem haben noch nicht alle Fabriken ihre Tore geschlossen. Wer weiß, was passiert wenn der Strom teurer wird?
Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit hat festgestellt, dass durch erneuerbare Energien insgesamt mehr Arbeitsplätze geschaffen werden
http://www.erneuerbare-energien.de/inhalt/40289/
und auch um die „kleinen Leute“ mache ich mir keine Sorgen, schließlich kaufen 45% der Stromkunden die teuren Standart-Tarife.
http://www.n-tv.de/ratgeber/Sparen-mit-wenig-Aufwand-article2548226.html
Merz versucht hier die Befürworter des Ausstiegs als unsoziale Idealisten hinzustellen und schürt eine diffuse Angst vor Arbeitsplatzverlust und steigenden Preisen.
Schlussendlich misst Merz auch bei der Frage der gesellschaftlichen Akzeptanz neuer Technologien mit zweierlei Maß. Während er einerseits vor Protesten gegen den Bau von Windrädern und neuen Stromleitungen warnt, unterschlägt er die jahrzehntelangen Proteste gegen Atomkraft, Gorleben und die Castortransporte.
Nur ein Argument bleibt, sein erstes: Energiepolitik ist kein Spielplatz.
PS: Danke an Bianca Mentil für das Bild.
