Psycholinguistik

Wörter im Kopf

Das ist der erste Teil eines längeren Artikels über unsere Wörter im Kopf, was wir mit ihnen machen und was sie mit uns machen.

Von der Wahrnehmung zum Wort

Wenn wir etwas wahrnehmen, erkennen wir sofort Zusammenhänge, wir erkennen, welche Flächen zu einem Gegenstand gehören, wir erkennen den Abstand zwischen uns und dem Gegenstand, wir erkennen (häufig) was zum Gegenstand selbst gehört und was zur Situation (wie zum Beispiel Schatten). Diese wahrgenommenen Zusammenhänge können kategorisiert werden, so erkennen wir Bäume, Häuser, Menschen, Straßen etc.

Dabei erkennen wir nicht das Wort „Baum“, sondern den Baum an sich und diese Erkenntnis führt uns zum Wort [ba:um] (Wenn es um die sprachliche Vorstellung eines Begriffs geht, schreibe ich die phonetische Transkription, wobei wir uns natürlich auch die schriftliche Ausführung vorstellen können.)

Wenn wir einen Baum als Baum erkennen, aktiviert sich auch unser Wissen über Bäume. Wir wissen, dass sie hart sind und man besser nicht dagegen laufen sollte. Wir wissen, dass sie ihren Standort nicht von selbst wechseln. Wir wissen, dass sie (meistens) von der anderen Seite genauso aussehen. Aufgrund dieses Wissens können wir Annahmen über bestimmte Aspekte treffen, die wir nicht wahrnehmen. Wenn wir einen Tisch als Tisch erkennen, müssen wir nicht alle Tischbeine sehen um zu wissen, dass sie existieren. Wenn wir eine Hauswand als Hauswand erkennen, gehen wir davon aus, dass sie Teil eines Hauses ist, sich also hinter der Wand Zimmer befinden. Wenn wir eine Kulisse als Kulisse erkennen, gehen wir davon aus, dass dahinter etwas ganz anderes ist.

Diese Erkenntnisse sind banal, aber sie ermöglichen es uns morgens zu erkennen, wo das Bett aufhört, welche der Farbflecken ein Bademantel ist und wie man ihn anzieht, sie ermöglichen es uns Türen zu öffnen, Wasserhähne zu bedienen usw.

Damit das auf diesen Informationen aufbauende Handeln schnell und reibungslos funktioniert, ist das Wissen in „Begriffen“ organisiert. Zu einem Begriff gehört das typische Aussehen und mögliche Abweichungen, notwendige Merkmale, die typische Verwendung und was wir sonst noch an Wissen brauchen um etwas als etwas zu erkennen und damit umzugehen. Diese Begriffe stehen natürlich auch selbst in engen Verbindungen: So haben wir einen Begriff für Haus, einen für Hauswand, Haustür, Hochhaus, Hütte usw. die eng miteinander verbunden sind.

Für einige Begriffe haben wir Wörter, wie zum Beispiel Baum. In diesem Fall gehört die Bezeichnung des Dinges zu dem Wissen, dass zu diesem Begriff abgespeichert ist (Wie sieht es typischerweise aus? Wie kann es aussehen? Wie fühlt es sich an? Wie bezeichnet man es? usw.). Andere Begriffe verwenden wir, dass heißt wir erkennen etwas und können es benutzen, ohne es zu bezeichnen. In vielen Kulturen gibt es beispielsweise einen Begriff für Schadenfreude, aber nur wenige haben ein Wort dafür.

Das es sich um ein Begriff handelt, kann man daran erkennen, dass eine Bezeichnung sofort verstanden wird. Das Ding, dass man beim Einkaufen zwischen die eigenen und fremden Einkäufe auf das Fließband zur Kasse legt ist allgemein bekannt, aber wie heißt es?

Wir könnten es Trennstab nennen.

Sie wissen nun, was ein Trennstab ist ohne sich bewusst machen zu müssen, welche Eigenschaften wesentlich sind, die ein Ding zum Trennstab machen. Sie wussten vorher schon, was ein Trennstab ist, Sie hatten (vielleicht) nur kein Wort dafür.

……..

Nächste Woche geht es weiter, denn wir haben ja nicht nur Wörter für Dinge im Kopf, die wir gerade wahrnehmen 🙂

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